Psychotherapie: Ein Überblick

Welche Arten der Psychotherapie gibt es? Wann kann Psychotherapie helfen? Wer übernimmt die Kosten und wie bekommt man einen Therapieplatz? Diese und weitere Fragen zur Behandlung von psychischen Erkrankungen beantwortet dieser Beitrag.

Auf einen Blick

  • Psychotherapie ist die gezielte Behandlung von psychischen (Begleit)-Erkrankungen mit psychologischen Methoden.
  • Eine Psychotherapie kann bei fast allen Erkrankungen als begleitende oder alleinige Behandlung zum Einsatz kommen.
  • Ob eine Psychotherapie sinnvoll ist, entscheiden fachkundige Personen wie zum Beispiel Hausärztinnen und Hausärzte.
  • Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Kosten für verschiedene Therapieverfahren, deren Wirksamkeit nachgewiesen ist.
  • Eine psychotherapeutische Behandlung kann – so wie eine Behandlung mit Medikamenten – Nebenwirkungen haben.

Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Eine junge Frau sitzt auf einer Couch, lehnt sich nach vorne und stützt verzweifelt den Kopf in ihre Hände. Ihr gegenüber sitzt eine Therapeutin, die sich Notizen macht.

Was ist eine Psychotherapie?

Eine Psychotherapie ist die gezielte Behandlung von psychischen Erkrankungen oder körperlichen Erkrankungen mit psychischem Anteil mithilfe von psychologischen Methoden. In der Psychotherapie geht es darum, das Denken, Erleben, Fühlen und Verhalten von Patientinnen und Patienten gemeinsam in eine gesündere Richtung zu lenken.

Es gibt prinzipiell keine Diagnose, die eine Psychotherapie von vornherein ausschließt. Eine Psychotherapie kann helfen, Beschwerden zu lindern, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen, die Krankheitsverarbeitung zu unterstützen, die soziale Anpassung zu verbessern oder auch das Krankheitsverständnis zu fördern.

Wann ist eine Psychotherapie sinnvoll?

Häufige psychische Erkrankungen in Deutschland sind Angststörungen, Depressionen, Suchterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen, psychoorganische Störungen und Psychosen. Psychotherapie kann bei fast allen psychischen Erkrankungen und psychischen Problemen, die im Rahmen körperlicher Erkrankungen auftreten, hilfreich sein. Aber nicht für jede Patientin oder jeden Patienten ist eine Psychotherapie auch wirklich sinnvoll. Da die Psychotherapie zudem eine vergleichsweise kostspielige Behandlungsform ist und auch Nebenwirkungen haben kann, sollte ihre Durchführung gut begründet sein.

Eine Psychotherapie kann bei fast allen psychischen Erkrankungen, aber auch unterstützend zur Behandlung von körperlichen Erkrankungen zum Einsatz kommen.

Eine Psychotherapie ist dann sinnvoll, wenn eine Erkrankung besteht, die sich aus fachlicher Sicht durch eine Therapie positiv und nachhaltig verändern kann. Die Behandlungsempfehlung für eine Psychotherapie gibt eine fachkundige Person, zum Beispiel die Hausärztin oder der Hausarzt.

In welchem Rahmen kann eine Psychotherapie durchgeführt werden?

Eine Psychotherapie kann je nach Krankheitsbild als alleinige Behandlungsmethode eingesetzt werden. Sie kann aber auch als Ergänzung oder als Alternative zu Medikamenten und anderen Behandlungen erfolgen.

Psychotherapien können zum Beispiel stationär (in einer Einrichtung), teilstationär oder ambulant durchgeführt werden. Damit die Krankenversicherung die Kosten einer ambulanten Richtlinien-Psychotherapie übernimmt, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein: In zwei bis vier Sitzungen lernen sich Therapeutin oder Therapeut und die oder der Betroffene kennen und es wird ein Behandlungsplan erstellt. In diesem ist zusammengefasst, welche psychotherapeutischen Methoden bei den vorliegenden Problemen helfen können. Zudem wird in diesen Sitzungen eine Diagnostik durchgeführt und festgestellt, welche Probleme oder Erkrankungen vorliegen und wie ausgeprägt sie sind. Liegt eine psychische Erkrankung vor, stellt der Patient mithilfe des Therapeuten einen Antrag auf Psychotherapie bei seiner Krankenkasse. In einem Gutachterverfahren wird diesem Antrag dann entweder stattgegeben oder in seltenen, begründeten Fällen auch nicht.

Des Weiteren gibt es im ambulanten Bereich die Psychotherapie durch qualifizierte Fachärzte, beispielsweise Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie können Psychotherapie nach Bedarf in ihre ärztlichen Behandlungen einfließen lassen. Je nach ihrer Qualifikation können sie Elemente der Verhaltenstherapie, der Psychoanalyse, der tiefenpsychologisch fundierten Therapie, der systemischen Therapie, der stützenden Psychotherapie oder anderer wirksamer Verfahren in die Behandlung einflechten. Bei der fachärztlichen Psychotherapie ist weder die Dauer der einzelnen Behandlungen noch die Anzahl der Behandlungssitzungen begrenzt.

Wer trägt die Kosten für eine Psychotherapie?

Für gesetzlich Versicherte entstehen durch anerkannte Psychotherapieverfahren keine Kosten. Im ambulanten Bereich benötigen psychologische und ärztliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dafür eine entsprechende Kassenzulassung. Privatversicherte müssen individuell mit Ihrer Krankenversicherung abklären, welche Kosten übernommen werden. Im stationären Rahmen werden die Kosten für Psychotherapie unabhängig von der Art der Krankenversicherung übernommen.

Wissenschaftlich anerkannte und von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlte Psychotherapie-Verfahren sind:

  • (kognitive) Verhaltenstherapie
  • tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
  • (psycho-)analytische Psychotherapie (Psychoanalyse)
  • systemische Psychotherapie

Wissenschaftlich anerkannt ist auch die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie. Diese Therapieform wird allerdings von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht bezahlt.

Was unterscheidet die verschiedenen Therapieverfahren?

Auch wenn sich die verschiedenen Psychotherapieverfahren bezüglich der Wirksamkeit nicht stark unterscheiden, sind bei manchen Erkrankungen bestimmte Therapieverfahren die erste Wahl. Zum Beispiel wird bei einer Panikstörung zunächst eine Verhaltenstherapie oder die Behandlung mit geeigneten Medikamenten empfohlen. Zudem kommen unterschiedliche Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Verfahren unterschiedlich gut zurecht.

Kognitive Verhaltenstherapie

In der kognitiven Verhaltenstherapie geht man davon aus, dass Verhalten, Gedanken und Gefühle durch Lernprozesse verändert werden können, unabhängig davon, ob sie angeboren oder erlernt sind. Einstellungen, Gefühle, Fähigkeiten oder Reflexe werden mit unterschiedlichen Methoden verändert.

Bestandteil einer Verhaltenstherapie sind unter anderem Verhaltensbeschreibung, Analyse von Verhaltensauslösern und Verhaltenskonsequenzen, Training von hilfreichen Fähigkeiten, „Verhaltensexperimente“, Stimmungs-, Gefühls- und Verhaltensprotokolle. Die kognitive Verhaltenstherapie findet in der Regel einmal wöchentlich statt und umfasst je nach Bedarf bis zu 80 Sitzungen.

Psychodynamische Psychotherapie

Die Psychoanalyse und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie werden heute unter dem Oberbegriff der „psychodynamischen Psychotherapie“ zusammengefasst. Dieser Therapieansatz geht davon aus, dass unbewusste Konflikte zwischen verschiedenen inneren Trieben, Regeln und Bedürfnissen bestehen und psychische Probleme verursachen und aufrechterhalten können. Konflikte können auch zwischen den inneren Bedürfnissen und äußeren Anforderungen bestehen. Die Therapeutin oder der Therapeut hilft der Patientin oder dem Patienten, Beeinträchtigungen auszugleichen, die mit diesen unbewussten Konflikten verbundenen sind. Dabei sollen die Konflikte und deren Folgen im Hier und Jetzt sichtbar gemacht werden.

Bei der Methode der Psychoanalyse befindet sich die Patientin oder der Patient typischerweise in entspannter und von äußeren Reizen abgeschirmter Position, zum Beispiel auf einem Sofa liegend. Sie oder er soll sich so auf Gedanken, Gefühle und innere Bilder konzentrieren können. Die Psychoanalyse findet in der Regel als Langzeittherapie mit zwei bis drei Sitzungen pro Woche statt. Sie umfasst bis zu 300 Sitzungen.

Bei der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie ist der Schwerpunkt eher die Gegenwart und die Bewältigung des Alltags. Patienten werden dabei unterstützt, vorhandene, unbewusste Fähigkeiten zu aktivieren, um aktuelle Konflikte zu lösen. Die Beziehung zwischen Therapeut und Patient wird genutzt, um alltägliche Beziehungsprobleme zu erkennen und zu lösen. Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie findet in der Regel ein- bis zweimal wöchentlich statt und umfasst je nach Bedarf bis zu 100 Sitzungen.

Systemische Therapie

Die systemische Therapie geht davon aus, dass psychische Probleme bei Betroffenen nur verstanden und verändert werden können, wenn dabei das soziale Umfeld – zum Beispiel die familiären Umstände – miteinbezogen wird. Denn der Mensch und sein Verhalten sind im sozialen Kontext zu verstehen. Die systemische Therapie ist daher insbesondere an zwischenmenschlichen Beziehungen und an der Kommunikation in diesen Beziehungen interessiert, durch die Probleme entstehen und aufrechterhalten werden. Die Beziehungen sind folglich auch für die Veränderung und Lösung der Probleme wichtig.

In der systemischen Therapie werden Beziehungen, Probleme oder Gefühle häufig durch Figuren oder Gegenstände symbolisiert. In solchen Systemaufstellungen wird dann versucht, Probleme erlebbar zu machen und zu lösen. Die systemische Therapie ist in der Regel eher kurz und umfasst bis zu 48 Sitzungen.

Wie wirksam ist Psychotherapie?

Für die von den Krankenkassen anerkannten Therapieverfahren gibt es jahrzehntelang gesammelte Belege über ihre Wirksamkeit: Der Grad der Wirksamkeit hängt von der Art der Störung ab. Insgesamt ist davon auszugehen, dass eine Psychotherapie bei jeder zweiten Patientin oder jedem zweiten Patienten zu deutlichen Besserungen führt.

Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass bei 50 Prozent der Patientinnen oder Patienten durch eine Psychotherapie deutliche Besserungen erzielt werden.

Es kann in der Psychotherapie jedoch auch Nebenwirkungen geben: Wenn jemand beispielsweise während der Therapie lernt, selbstbestimmter zu sein, kann es daraufhin in der Partnerschaft zu Konflikten kommen. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen ist bei etwa einem Drittel der Patientinnen und Patienten mit relevanten Nebenwirkungen zu rechnen. Dazu zählen unter anderem Symptomverstärkung und Hilflosigkeit.

Was ist der Unterschied zwischen den verschiedenen Berufsbezeichnungen?

Für viele Menschen sind die Unterschiede zwischen Psychologen, Psychiatern und Ärzten für Psychotherapie unklar.

Psychologinnen und Psychologen

Ein „Psychologe“ oder eine „Psychologin“ hat ein Psychologiestudium absolviert. Das beinhaltet jedoch nicht die Erlaubnis zur Durchführung von Psychotherapie. Diese Befugnis haben nur „Psychologische Psychotherapeuten“, die eine entsprechende Spezialausbildung haben. Zukünftig lautet die Berufsbezeichnung „Psychotherapeutin oder Psychotherapeut mit einer fünfjährigen Fachpsychotherapeutenweiterbildung“.

Ärztinnen und Ärzte für Psychotherapie

Ärztinnen und Ärzte für „Psychiatrie und Psychotherapie“ oder „Psychosomatische Medizin und Psychotherapie“ haben ein Medizinstudium abgeschlossen und nach dem Abschluss noch eine fünfjährige Facharztweiterbildung absolviert. Dazu gehört auch die Weiterbildung in einem der Richtlinienverfahren. Ärztliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten werden auch als „Psychiaterinnen“ oder „Psychiater“ bezeichnet. Als Ärzte können sie neben Psychotherapie im Rahmen der Grenzen ihres Fachgebiets auch körperliche Untersuchungen und medikamentöse Behandlungen durchführen.

Ärztinnen und Ärzte sonstiger Fachrichtungen haben die Möglichkeit, in Ergänzung zu ihrem Facharztgebiet noch eine Zusatzausbildung „Psychotherapie“ zu machen, die drei Jahre umfasst und der Psychotherapieweiterbildung der anderen Therapeutengruppen entspricht.

Wichtig zu wissen: Der Begriff „Psychotherapeutin“ oder „Psychotherapeut“ darf nur von den vorgenannten Berufsgruppen verwendet werden. Der Begriff „Psychotherapie“ kann dagegen von jedem verwendet werden, auch wenn sie oder er keine qualifizierte Ausbildung durchlaufen hat. So können – neben Fachtherapeutinnen oder Fachtherapeuten – auch Heilpraktikerinnen oder Heilpraktiker und Laien „Psychotherapie“ anbieten.

Wie findet man eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten?

Bei entsprechenden Beschwerden sollte man sich zunächst an eine Fachperson wenden, zum Beispiel an die Hausärztin oder den Hausarzt, eine Psychiaterin oder einen Psychiater. Sie oder er kann dann feststellen, ob eine Psychotherapie angeraten ist, und bezüglich weiterer Schritte beraten.

Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ihrer Umgebung finden Sie beispielsweise über die Kassenärztliche Vereinigung. Dazu können Sie unter 116 117 anrufen oder die Online-Arztsuche nutzen.

Weitere Informationen zur Psychotherapiesuche und zur Einordnung Ihrer emotionalen Belastung finden Sie auf der Seite „Wege zur Psychotherapie“ der Bundespsychotherapeutenkammer.

Wo findet man weitere Informationen?

Vertiefende Informationen zum Thema „Wie finde ich eine Psychotherapie?” finden Sie unter gesundheitsinformation.de.

Geprüft durch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN).

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